Leer,

So entwickelte sich das THW Leer in sieben Jahrzehnten

Am Samstag feierte der Ortsverband sein 70-jähriges Bestehen. Der Leeraner Ortsbeauftragte erzählte in einem Rückblick von den Anfangsarbeiten mit Schaufeln und Schubkarren, von massivem Geldmangel und von der Zeit, in der der Einsatzauftrag des THW von der Bundespolitik infrage gestellt wurde.

Der Leeraner Ortsbeauftragte: Stefan Sandstede.

Leer – Ob Hochwasserkatastrophen, die Flüchtlingskrise 2015, der Moorbrand in Meppen vor vier Jahren, die anhaltende Corona-Pandemie oder die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine: Das THW Leer mit seinen mehr als 60 aktiven Helferinnen und Helfern ist mittlerweile nicht nur im Landkreis Leer, sondern bundesweit im Einsatz. „In den vergangenen zehn Jahren war mein Ortsverband in weitaus mehr Großeinsätzen eingebunden als in den 60 Jahren zuvor“, sagte Stefan Sandstede. Der Ortsbeauftragte des THW Leer blickte auf dem Festakt zum 70-jährigen Bestehen vor rund 100 Zuhörern – darunter geladene Gäste aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik - auf die Geschichte des Ortsverbandes zurück.

„Das THW von heute ist sicherlich nicht mehr zu vergleichen mit dem THW von vor 70 Jahren“, sagte der Ortsbeauftragte. 1952 trafen sich ein paar Männer mit Schubkarren und Schaufeln, um in einer alten Weltkriegsbaracke am Heerenborgsweg den THW-Ortsverband Leer zu gründen. Der Wille, den Ortsverband aufzubauen, war groß. „Doch die Ausstattungslage war eher bescheiden“, so Sandstede. Denn: Der Ortsverband bekam erst acht Jahre nach seiner Gründung sein erstes Einsatzfahrzeug.

Ein Gebiss im Heuhaufen

In den 60er Jahren wurde die Ausstattung umfangreicher und die Mitgliederzahl wuchs auf 100 Aktive an. Die Unterkunft am Heerenborgsweg wurde schließlich zu klein, sodass der Ortsverband in die Groninger Straße umzog. „Aufgrund des Einsatzauftrages des THW während des Kalten Krieges war es stets wichtig, gut ausgebildet und vorbereitet zu sein. Viele standortverlagerte Ausbildungen waren an der Tagesordnung, Wettkämpfe zum Kräftemessen zwischen den Ortsverbänden wurden turnusmäßig durchgeführt“, berichtete Sandstede. Vor allem die älteren Helferinnen und Helfer erinnern sich gerne an die Zeit zurück. „Auch die Geschichte eines verlorengegangenen Gebisses in einem Heuhaufen während einer Tagesübung, das dann von der gesamten Helferschaft gesucht wurde, hat die Zeit in Erzählungen überdauert“, sagte der Ortsbeauftragte.

Das THW Leer verfügte damals über einen ABC-Zug, auf den der Ortsverband sehr stolz gewesen sei. In den 80er Jahren wurden außerdem die Jugendgruppe und der Förderverein – die THW-Helfervereinigung – ins Leben gerufen.

Es gab Jahre, in denen das Geld schon im September knapp war

Weil der Standort an der Groninger Straße in die Jahre gekommen war, wurde Mitte der 80er Jahre ein Neubau an der Alemannenstraße realisiert. Dort ist das THW Leer seit 1987 zu Hause. Es folgte eine spannende Zeit. „Direkt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zum ersten Auslandseinsatz des Ortsverbandes. Hilfsgütertransporte wurden organisiert und durchgeführt“, berichtete Sandstede. Doch nach der deutschen Wiedervereinigung wurde der Einsatzauftrag des THW durch die Bundespolitik in Frage gestellt. Infolgedessen war das THW von massiven Einsparungen betroffen, die sich sogar bis in die 2000er Jahre auswirkten. „Die Einsparungen mündeten in einer anschließenden Mangelverwaltung. Diese führte unter anderem zu einem Beschaffungsstau bei Einsatzfahrzeugen, den wir fast 20 Jahre lang vor uns hergeschoben haben“, erklärte Sandstede. Es gab Jahre, in denen bereits im September das Geld aufgebraucht war. „Die Fahrzeuge standen vollgetankt in der Halle und der Dienstbetrieb wurde heruntergefahren. „In diesen Jahren wusste man teilweise nicht, wie man das Dienstjahr beenden sollte oder ob am Ende des Jahres noch Geld für eine Weihnachtsfeier übrig war“, berichtete Sandstede, der selbst seit 20 Jahren im Ortsverband Leer aktiv ist und sich an Zeiten erinnert, in denen der Fuhrpark derart überaltert war, dass es Probleme gab, Ersatzteile zu beschaffen.

Vor großen Aufgaben stand der Ortsverband auch durch die Umstrukturierung des THW im Jahr 1996. „Die Abgabe des ABC-Zuges, die Auflösung von Bergungs- und Instandsetzungszügen, die Neugründung von Technischen Zügen mit Bergungsgruppen und den Fachgruppen, was uns schließlich 1996 die Fachgruppe Wassergefahren brachte“, sagte Sandstede. In den folgenden Jahren war der Ortsverband gleich zweimal bei Hochwasserkatastrophen im Einsatz: 1997 beim Oder-Hochwasser, 2002 bei der Elbe-Flut.

2011 fiel die Wehrpflicht weg

Ein Umdenken im THW musste auch im Jahr 2011 erfolgen: Die Wehrpflicht fiel weg. Nach anfänglichen Bedenken sah der Leeraner Ortsverband das aber als große Chance an: „Bestand der Ortsverband damals noch zu 60 Prozent aus verpflichteten und freigestellten Ersatzdienstleistenden, besteht der Ortsverband heute zu 100 Prozent aus freiwilligen und überzeugten Helferinnen und Helfern“, sagte Sandstede, der seit 2012 als Ortsbeauftragter für den Ortsverband zuständig ist.

Die Mangelverwaltung ist mittlerweile Geschichte. „Dem THW geht es heute finanziell so gut wie nie“, sagte Sandstede. „Es wurden neue Beschaffungsprojekte aufgelegt, es wurden die Selbstbewirtschaftungsmittel der Ortsverbände erhöht und massiv in den Ausbau und in die Erneuerung der Fahrzeugflotte und der Technik investiert“, so Sandstede, dessen Ortsverband über einen modernen Fuhrpark verfügt. Im vergangenen Jahr bekam der Ortsverband gleich zwei neue Einsatzfahrzeuge. Der Mehrzweckgerätewagen der Fachgruppe N (Notversorgung und Notinstandsetzung) - die Einheit wurde durch das Rahmenkonzept im Jahr 2015 gegründet - wurde am Samstag offiziell in Dienst gestellt.

Durch den erweiterten Fuhrpark und die heute rund 60 Helferinnen und Helfer ist der Platz an der Alemannenstraße ebenfalls zu klein geworden. Seit 2018 steht fest, dass der THW-Ortsverband Leer einen Neubau bekommen soll.


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